Drogensucht War früher Koks in der Cola?
veröffentlicht am 02.07.2013 – 18:53 Uhr
„Champagner-Droge“ wurde das weiße Pulver einst genannt. Die Droge, die sich Konsumenten – pulverisiert – durch die Nase ziehen und darauf warten, dass ihre Gedanken Flügel bekommen – scheinbar folgenlos. Ein gefährlicher Irrtum!
Der Regisseur Rainer Werner Fassbinder wollte der Droge einen ganzen Film widmen. Er sollte von einer Person handeln, „die sich frei für oder gegen die Droge entscheiden kann, mit dem klaren Bewusstsein, dass eine Entscheidung für die Droge das Leben verkürzt, aber intensiviert“ – so beschrieb er sein Projekt in einer Talkshow 1982. Wenige Monate später war er tot – gestorben vermutlich an einer Überdosis Kokain vermischt mit Barbituraten jeglicher Art.
Auch heute noch wird in der Schickeria gerne zu dem gefährlichen Stoff gegriffen.
Doch was steckt eigentlich hinter dieser Droge? Was ist Kokain eigentlich?
Kokain – je nach Verarbeitung auch als Koks, Schnee, Coke, Crack oder Rocks bezeichnet – ist ein weißes kristallartiges Pulver, das mit Hilfe verschiedener chemischer Prozesse aus den Blättern des Kokastrauchs (lateinisch Erythroxylon coca) gewonnen wird. Es wirkt sowohl berauschend als auch örtlich betäubend.
Wer hat’s erfunden? Zu welchem Zweck wurde es eingesetzt?
In den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das aktive Alkaloid des Kokastrauchs erstmals chemisch isoliert und erhielt die Bezeichnung „Kokain“. Schon bald wurde diese Substanz zur Behandlung von Depressionen und zur lokalen Betäubung vor allem bei Augenoperationen eingesetzt.
Ist die Koka-Pflanze an sich schon berauschend oder muss sie noch verarbeitet werden?
Die Blätter des Kokastrauchs enthalten etwa 1 Prozent des als Kokain bekannten Alkaloids. In den Erzeugerländern wird der Kokaingehalt jedoch gewöhnlich durch Extrahierung angereichert. Die durch die Extrahierung entstehende Coca-Paste wird zu Kokainhydrochlorid – einem Salz der Salzsäure – weiterverarbeitet. Diese farb- und geruchlose, bitter schmeckende Substanz gelangt – unter Beimischung von Streckmitteln – in pulverisierter Form als Koks oder Schnee auf den illegalen Markt. In dieser Form wird der Stoff durch die Nase geschnupft oder aufgelöst und intravenös injiziert.
War in Cola früher wirklich Kokain?
Laut mehrerer Quellen soll bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dem Getränk Coca-Cola Kokain zugesetzt gewesen sein. In den USA soll die braune Brause Anfangs auch als Allheilmittel gegen Kopfschmerzen und Melancholie vermarktet worden sein. Laut der „Österreichischen Apothekerzeitung“ enthielt ein Liter Coca-Cola bis zum Jahr 1903 etwa 250 Milligramm Kokain (zum Vergleich: Konsumenten nehmen beim Schnupfen von Kokain durchschnittlich etwa 20 Milligramm pro „Line“ zu sich). Der Getränkehersteller widerspricht jedoch diesen Angaben und bestreitet seit Jahren, dass jemals Kokain dem Getränk zugefügt wurde. „Coca-Cola enthält kein Kokain und es wurde auch in der Vergangenheit nicht zugesetzt“, sagte die Sprecherin von Coca-Cola Deutschland, Stefanie Effner, gegenüber BILD. Aufgrund der sich häufenden Todesfälle im Zusammenhang mit kokainhaltigen Getränken wurde in den USA der Kokainzusatz in Getränken 1914 gesetzlich verboten.
Seit wann wird Kokain als Rauschmittel verwendet?
Als Rauschmittel wurde Kokain sowohl in den USA als auch in Deutschland erst in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts sehr populär. Mit dem Aufkommen der Amphetamine ging der Kokainkonsum allerdings in den 30er-Jahren tendenziell zurück und kam erst in den 70er- und 80er-Jahren erneut in Mode. Das Rauchen von Crack kam als eine bis dahin unbekannte Anwendungsform in den frühen 90er-Jahren in den USA auf.
Wie schnell wird man süchtig?
Kokain wird ein besonders hohes Abhängigkeitspotential zugesprochen. Grundsätzlich kann JEDER abhängig werden. Je nach konsumierter Dosis kann die Droge bereits nach wenigen Wochen abhängig machen und in eine schwere Sucht übergehen. Die Droge macht vor allem psychisch abhängig. Ohne Kokain treten in der Regel schnell Entzugssymptome (z.B. Erschöpfung, Depressionen, nachlassende Libido) auf. Bei überempfindlichen Personen können bereits kleinste Mengen Kokain einen sogenannten Kokainschock auslösen. Die Symptome sind u.a. Atemnot, kalter Schweiß.
Folgeschäden des dauerhaften Kokainmissbrauchs
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Körperliche Folgeschäden
• Schwächung des Immunsystems
• starker Gewichtsverlust
• Schädigung der Blutgefäße
• Schädigung von Leber, Herz und Nieren
• Rauchen vom Kokain schädigt die Lunge (Cracklunge)
• Sniefen schädigt die Nasenschleimhaut und Nasennebenhöhlen. Die Folge ist: chronisches Nasenbluten, Verminderung des Geruchs- und Geschmackssinns
• Spritzen kann lokale Infektionen zur Folge haben. Bei der Verwendung gemeinsamer Spritzbestecke droht die Infektion mit Hepatitis und HIV.
• Während der Schwangerschaft führt Kokain zu Früh- und Totgeburten wie auch zu massiven Reifungsstörungen, die unter anderem die Fehlentwicklung des Gehirns und anderer Organe zur Folge haben. -
Psychische Folgeschäden
• eine sich schnell entwickelnde psychische Abhängigkeit
• eine miese, aggressiv-reizbare Stimmung, innere Unruhe
• sexuelle Funktionsstörungen (Impotenz)
• Schlafstörungen
• Depressionen
• Antriebs- und Konzentrationsstörungen
• Angst, Verwirrtheit
• Persönlichkeitsveränderungen: antisoziales und narzisstisches Verhalten
• Kokainpsychose, mit paranoiden Wahnvorstellungen und Halluzinationen.
• Charakteristisch ist der Dermatozoenwahn, bei dem der Konsument überzeugt ist, Insekten krabbeln über oder unter seiner Haut. Die Psychosen können chronisch werden. -
Soziale Folgeschäden
• strafrechtliche und finanzielle Probleme
• Kontaktstörungen, Tendenz zur Selbstisolation, soziale Bindungen werden oft abgebrochen
Wie funktioniert ein Entzug?
Ein Kokainentzug kann ambulant oder stationär in einer Klinik erfolgen. Besonders geeignet ist die Einzeltherapie – später sollten auch die Angehörigen mit einbezogen werden. Auch eine Selbsthilfegruppe kann nach dieser durchlaufenen Therapiephase unterstützen, auf Dauer „Nein“ zur Droge Kokain zu sagen. Wichtig: Suchtexperten empfehlen außerdem eine Therapie durch anderweitige Maßnahmen zu ergänzen, wie beispielsweise durch das Erlernen einer Entspannungstechnik (z.B. Muskelentspannung). Auch sogenannte Drogenscreenings (siehe Erklärung unten im Text) in unregelmäßigen Abständen während der eigentlichen Therapie können helfen, stabilisierend wirken.
Um den Kokainabhängigen Wegweiser für die Zukunft geben zu können, ist auch ein Aufbau sozialer Kontakte und das Vorführen verschiedener Freizeitgestaltungsmöglichkeiten jenseits der Droge und des Milieus von immenser Bedeutung.
Wie erkennt man, ob jemand Kokain konsumiert hat?
Hochziehende Nase, schnelles Sprechen und euphorische Stimmung sind noch keine zuverlässigen Indizien dafür, dass jemand Kokain konsumiert hat. Der Konsum macht sich vor allem darin bemerkbar, dass die Menschen sich verändern, denn der Konsum führt auf Dauer zu Schlafstörungen, Depressionen, Angst, Befürchtungen des Kontrollverlusts, Misstrauen, Antriebs- und Konzentrationsstörungen, verstärkte Reizbarkeit, Aggressivität und Verwirrtheit. Neben den möglichen strafrechtlichen und oft auch finanziellen Problemen infolge des Kokainkonsums sind es vor allem aber auch die bei einem Dauerkonsum auftretenden Kontaktstörungen – die Konsumenten isolieren sich selbst. Diese Tendenz zur Selbstisolation hat oft das Zerbrechen jeglicher sozialer Bindungen zur Folge.